In diesen Tagen blickt die ganze Welt – mehr oder weniger besorgt – nach Griechenland. Das tut auch der IWF, der in dieser Wirtschaftskrise eine besondere Rolle spielt. Experten sehen diese als fatal an und kritisieren besonders Chefin Christine Lagarde ungewohnt scharf.
Betonte Distanz wird zur Schau gestellt
Nur wenige Stunden nach dem „Nein“ der Griechen beim sonntäglichen Referendum ließ Lagarde zwei Sätze ausrichten. „Man nehme das Referendum der Griechen zur Kenntnis. Man sei auch weiterhin bereit, Griechenland zu helfen, falls der IWF darum gebeten werde. Experten schätzen dies als durchaus zynische Stellungnahme ein, die nicht mal von Lagarde selbst geäußert wurde, sondern als Pressemitteilung des IWF veröffentlicht wurde. Statt als Griechenlands Retterin, steht die Chefin des Währungsfonds nun in der Situation, genau das Gegenteil davon erreicht zu haben. Lange wurde dem IWF seine Politik in Sachen Griechenland nachgesehen. Immerhin waren bis dato eher machtlose Entwicklungsländer betroffen. Nun aber steht Europa auf dem Spiel und damit ist der Kritik plötzlich Tür und Tor geöffnet und es werden sogar Rücktrittsaufforderungen an Lagarde laut.
IWF als Teil des Problems
Der renommierte Harvard Politologe David Singh Grewal etwa schreibt in der „Huffington Post“, dass unter Lagarde der IWF selbst zum Teil des Problems geworden sei, die Krise wurde durch ihn nur verschlimmert. Gefordert wird von ihm eine Ablösung an der Spitze, denn immerhin habe Lagarde mit ihrer teilweise kompromisslosen Haltung einen Regimewechsel in Athen provozieren wollen. Damit habe sie ihre Qualifikationen endgültig verspielt. Auch der Analyst Robert Naimann vom progressiven Thinkthank Just Foreign Policy kritisiert die mächtige Frau an der Spitze des Währungsfonds. Demnach tue der IWF jetzt in Griechenland genau das, was er in Afrika bereits seit den Achtzigerjahren tut. Hinter der Kreditpolitik steht seiner Meinung nach nichts anderes als der Versuch, eine demokratisch gewählte Regierung zu stürzen.
Kritik in sozialen Netzwerken
In den sozialen Netzwerken wiederum werden alte Berichte über Christine Lagarde wieder aufgewärmt. So etwa die Tatsache, dass sie für ihr 467.940,00 Dollar Jahresgehalt keine Steuern bezahle und vor Jahren als französische Finanzministerin auf einem Porträtfoto teuren Schmuck weg retuschieren habe lassen. Und dann wäre da auch noch der Finanzskandal rund um den Geschäftsmann Bernard Tapie, in den Lagarde angeblich verwickelt ist. Doch auch der IWF als gesamte Organisation steht in der Kritik. Immerhin gab dieser noch vergangene Woche bekannt, dass Athen seine Schulden nie komplett abzahlen wird können. Nur ein Schuldenschnitt kann helfen, dass Griechenland wieder auf die Beine kommt. Eine düstere Prognose, die in Europa gar nicht gerne gehört wird, immerhin müssten dann Milliarden abgeschrieben werden.
Zeit für Reformen beim IWF
Allein, dass die Aussage vom notwendigen Schuldenschnitt noch vor dem griechischen Referendum veröffentlicht wurde, sorgte für Streit innerhalb des IWF. Nach Informationen der Agentur Reuters sperrten sich vor allem die europäischen IWF-Partner dagegen, wurden aber überstimmt – unter anderem von den USA. Damit liegt der Schuldenschnitt quasi auf dem Tisch, auch wenn er selbst für den IWF viele Milliarden teuer werden würde. Da Griechenland die letzte fällige IWF-Rate nicht zahlte – übrigens als erstes Industrieland überhaupt – muss nun neben den Gesprächen in Brüssel auch mit dem Währungsfond verhandelt werden. Die Amtszeit von Christine Lagarde endet Mitte 2016 und die Vertragsverlängerung könnte für sie schwieriger werden als erwartet. Sollte sie allerdings ihren Dienst quittieren – ob nun vorzeitig oder nicht – wäre dies ein guter Anlass für eine komplette Reform der Personalpolitik im IWF. Geht es nach der Tradition und der bisherigen Handhabung, so geht der Spitzenjob stets an einen Europäer, während der Chefposten der Weltbank, die immerhin eine IWF-Schwesterninstitution ist, an einen Amerikaner. Afrika, Lateinamerika und Asien fordern diesbezüglich bereits seit langem eine Änderung. Experten unterstützen diese Forderung, denn eine neuerliche Besetzung des Lagarde-Nachfolgers durch einen Europäer scheint eine schlechte Idee zu sein.
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