Erste Immobilien werden für Flüchtlinge beschlagnahmt

In der herrschenden Flüchtlingskrise rechnet die Bundesregierung mit bis zu 800.000 Flüchtlingen in diesem Jahr. Die Politik sieht sich in dem Zusammenhang mit einem begrenzten Angebot an Wohnraum für die Flüchtlinge konfrontiert. Zahlreiche Städte haben in den letzten Jahren zu wenige Wohnungen gebaut und beginnen teilweise mit der Beschlagnahmung von Wohnimmobilien zur Unterbringung von Flüchtlingen.

Die Hansestadt Hamburg zählt zu den ersten Städten, die genügend Wohnraum für Flüchtlinge sicherstellen möchte. Sichergestellt werden sollen gewerbliche Gebäude und Grundstücke. Ein neues Gesetz soll dafür im Oktober verabschiedet werden. Im Rahmen dieser Sicherstellung darf der Stadtstaat geeignete leerstehende Gebäude zur Unterbringung von Flüchtlingen beschlagnahmen. Die Eigentümer der Immobilien sollen eine Entschädigung in Höhe der örtlichen Mieten erhalten.

In der Bundeshauptstadt Berlin sind bereits vier Gewerbeimmobilien für Asylbewerber beschlagnahmt worden. Der Eigentümerverein »Haus und Grund« sieht in der Beschlagnahmung eine Grenzüberschreitung des Privateigentums. Das Ordnungs- und Polizeirecht räumt dem Staat den Eingriff in das Privateigentum ein, sobald eine Gefahr für die öffentliche Ordnung besteht. Dies ist aktuell der Fall, weil zu wenige Unterkünfte vorhanden und daher tausende Flüchtlinge obdachlos sind.

Die Beschlagnahmung ist allerdings nur in eindeutigen Ausnahmefällen erlaubt und die Kommunen sowie Gemeinden sind dazu angehalten, weiterhin für ausreichend Wohnraum zu sorgen. Das Gesetz verpflichtet die Gemeinden außerdem dazu Alternativen zu finden. Die Städte und Gemeinden dürfen nur im allerletzten Schritt zu dieser so genannten Sicherstellung greifen, wenn jede andere Option bezüglich Unterkünften ausgeschöpft wurde. Das Beschlagnahme-Gesetz von Hamburg soll im Frühjahr 2017 wieder automatisch außer Kraft gesetzt werden. Bisher sind von den Städten nur gewerbliche genutzte leerstehende Immobilien zur Unterbringung von Flüchtlingen beschlagnahmt worden.

Eine bevorstehende zwangsweise Inbesitznahme von Privatwohnungen zur Lösung des Unterkunftsproblems scheint unwahrscheinlich, auch wenn bereits ein paar wenige Gemeinden gemeindeeigene Mietwohnungen sichergestellt haben und betroffene Mieter ihre Wohnung räumen müssen. Die Kosten zur Bewältigung der Flüchtlingskrise beziffert die Bundesregierung bislang auf 10 Milliarden Euro.

Bild: © Depositphotos.com / radekprocyk

Erste Immobilien werden für Flüchtlinge beschlagnahmt

Andreas Kraemer